Kündigung und Kündigungsschutz

Kündigung und Kündigungsschutz

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses stellt für den Arbeitnehmer in der Regel einen tiefen Einschnitt in dessen wirtschaftliche Existenz dar und ist bereits aus diesem Grund der weitaus häufigste Streitpunkt im Rahmen arbeitsrechtlicher Auseinandersetzungen. Arbeitnehmer mit Kündigungsschutz können nur wegen den im Gesetz festgelegten Gründen gekündigt werden. Kündigungsschutz genießen Arbeitnehmer (nach Ablauf einer Probezeit) in der Regel, sobald sie in einem Betrieb tätig sind, der regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar, kann das Arbeitsverhältnis personenbedingt, betriebsbedingt oder verhaltensbedingt gekündigt werden. Die Rechtsprechung stellt an die Wirksamkeit einer Kündigung strenge Voraussetzungen. Wenn Sie eine Kündigung erhalten haben sollten Sie nicht zögern und diese von einem Rechtsanwalt für Arbeitsrecht prüfen lassen. Die Unwirksamkeit einer Kündigung muss innerhalb von drei Wochen ab Erhalt der Kündigung gerichtlich geltend gemacht werden. Wird innerhalb dieser Frist keine Kündigungsschutzklage eingereicht, gilt die Kündigung als wirksam. Nur in äußerst seltenen Ausnahmefällen kann eine Kündigung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgreich angegriffen werden.

Besonderer Kündigungsschutz

Neben dem allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz genießen bestimmte Personengruppen zusätzlichen Schutz. Solcher „besonderer Kündigungsschutz“ besteht zum Beispiel für Schwangere, Auszubildende, Arbeitnehmer in Elternzeit, Schwerbehinderte oder Betriebsräte.

 

Verhaltensbedingte Kündigung

Die verhaltensbedingte Kündigung setzt in der Regel voraus, dass der Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung wegen eines vergleichbaren Verhaltens bereits abgemahnt wurde. Grund hierfür ist, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung stets das äußerste Mittel (ultima ratio) zur Sanktionierung arbeitsvertragswidrigen Verhaltens sein muss. Steht dem Arbeitgeber ein milderes Mittel zur Verfügung, ist ihm regelmäßig zuzumuten, hiervon Gebrauch zu machen. Eine Abmahnung kann in Ausnahmefällen jedoch entbehrlich sein, wenn dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht zugemutet werden kann, so beispielsweise wenn der Arbeitnehmer gegenüber Mitarbeitern oder Vorgesetzten strafbares Verhalten an den Tag gelegt hat.

Eine verhaltensbedingte Kündigung kann jedoch trotz Vorliegens einer Abmahnung unwirksam sein. Je nach Art des Verstoßes, Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem zeitlichen Abstand zwischen einer Abmahnung und einem erneuten Fehlverhalten kann es dem Arbeitgeber zuzumuten sein, den Arbeitnehmer erneut abzumahnen. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung ist zudem, dass die vorherige Abmahnung die Vorgaben der Rechtsprechung erfüllt.

 

Danach muss eine Abmahnung folgende wesentliche Bestandteile enthalten:

 

  • die exakte Feststellung des beanstandeten Verhaltens
  • die konkrete Rüge der Verletzung einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung
  • die unmissverständliche Aufforderung zu vertragsgemäßem Verhalten
  • die eindeutige Ankündigung arbeitsrechtlicher Konsequenzen, insbesondere einer Kündigung für den Fall der Wiederholung.

 

Eine Abmahnung kann grundsätzlich formfrei und somit auch mündlich erfolgen. Schon aus Beweisgründen wird eine Abmahnung jedoch regelmäßig schriftlich erfolgen. Die Abmahnung muss das beanstandete Verhalten nach Art, Ort, Zeit und Dauer genau bezeichnen. Bereits kleinere Ungenauigkeiten oder Fehler können somit zur Unwirksamkeit der Abmahnung führen. Im Falle einer unwirksamen Abmahnung hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte. Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen eines bestimmten Verhaltens abgemahnt, ist der Ausspruch einer Kündigung wegen genau dieses Ereignisses ausgeschlossen. Der Arbeitgeber hat sein Sanktionsmittel in solch einem Fall durch die Abmahnung verbraucht.

 

Betriebsbedingte Kündigung

Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann gerechtfertigt sein, wenn dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen. Voraussetzung für die betriebsbedingte Kündigung ist neben dem Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse (dazu unten) die Durchführung einer sogenannten Sozialauswahl. Der Arbeitgeber hat bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltsverpflichtungen und eine etwaige Schwerbehinderung zu berücksichtigen. Auch an das Vorliegen der dringenden betrieblichen Erfordernisse stellt die Rechtsprechung strenge Voraussetzungen. Der Arbeitgeber hat im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses nachzuweisen, dass er aufgrund innerbetriebliche oder außerbetriebliche Umstände eine unternehmerische Entscheidung getroffen hat. Die Gründe für seine Entscheidung muss der Arbeitgeber im Zweifel beweisen, zum Beispiel eine bestimmte wirtschaftliche oder technische Entwicklung, fiskalische Überlegungen, organisatorische Maßnahmen, Auftrags- oder Umsatzrückgang, Rohstoff- oder Energiemangel, durch die das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt.

Betriebsbedingte Kündigung setzt zudem voraus, dass eine Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers auf einem anderen, freien Arbeitsplatz in demselben Betrieb nicht möglich ist. Dabei erstreckt sich die Weiterbeschäftigungspflicht nicht lediglich auf den Betrieb, sondern das gesamte Unternehmen des Arbeitgebers.

 

Personenbedingte Kündigung

Die personenbedingte Kündigung setzt voraus, dass ein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund einer Weiterbeschäftigung entgegensteht. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn einem als Kraftfahrer beschäftigten Arbeitnehmer die Fahrerlaubnis entzogen wird. Weiterer Anwendungsfall ist eine lange andauernde Erkrankung des Arbeitnehmers.

Auch die personenbedingte Kündigung unterliegt strengen Voraussetzungen. So müssen im Falle einer krankheitsbedingten Kündigung drei Voraussetzungen erfüllt sein:

  • es muss eine negative Gesundheitsprognose muss vorliegen,
  • die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit muss betriebliche Interessen erheblich beeinträchtigen,
  • nach Abwägung der beiderseitigen Interessen ist die Weiterbeschäftigung für den Arbeitgeber eine nicht mehr hinzunehmende Belastung und damit unzumutbar.

Eine negative Gesundheitsprognose liegt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung vor, wenn mit einer Besserung des Gesundheitszustandes nicht innerhalb der kommenden 24 Monate zu rechnen ist. Ist der Arbeitnehmer jedoch bereits seit seit Monaten arbeitsunfähig erkrankt, gilt dies als erstes Indiz für das Vorliegen einer negativen Gesundheitsprognose. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung müsste der Arbeitnehmer dieses Indiz dann entkräften indem er nachweist, dass mit einer Besserung seines Zustandes innerhalb einer kürzeren Zeit zu rechnen ist.

Eine erhebliche Beeinträchtigung des Betriebs liegt vor, wenn die Fehlzeiten des Arbeitnehmers die betrieblichen Abläufe erheblich beeinträchtigen. Gründe für eine erhebliche Beeinträchtigung können etwa die Notwendigkeit von Überstundenleistungen durch andere Mitarbeiter, die wiederholte Notwendigkeit des Einsatzes von Vertretern sein.

Die Abwägung der beiderseitigen Interessen muss ergeben, dass dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung unzumutbar ist. Im Falle einer krankheitsbedingten Kündigung bedeutet dies, dass der Arbeitgeber u.a. ein BEM-Gespräch (betriebliches Eingliederungsmanagement) in die Wege leiten muss. Im Rahmen des BEM sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam mit Betriebsrat und Schwerbehindertenvertretung Maßnahmen zur Wiedereingliederung erörtert und festgelegt werden. Erst wenn diese Maßnahmen ohne Erfolg bleiben und eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen Arbeitsplatz ausscheidet, darf der Arbeitgeber die personenbedingte Kündigung aussprechen. Das Gleiche gilt im eingangs genannten Beispiel eines Kraftfahrers. Bevor der Arbeitgeber eine personenbedingte Kündigung ausspricht, muss er prüfen, ob der Kraftfahrer an einem anderen Arbeitsplatz innerhalb desselben Betriebs weiter beschäftigt werden kann.

 

Prozessuales

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erheben (§ 4 Satz 1 KSchG). Wird die Kündigung nicht innerhalb von drei Wochen angegriffen, so gilt sie als von Anfang an rechtswirksam (§ 7 KSchG).

Ob eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wirksam ist, hängt unter anderem von den folgenden Voraussetzungen ab:

Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetztes (KSchG)

Das Kündigungsschutzgesetz ist in der Regel anwendbar, wenn der Arbeitgeber 10 oder mehr Arbeitnehmer beschäftigt (§ 23 KSchG). Zudem muss das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestanden haben (§ 1 KSchG).

Im Falle der Anwendbarkeit des KSchG ist die Kündigung nur wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist. D.h. es müssen Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen, die Kündigung erforderlich machen.

Beweislast

Der Arbeitgeber ist für das Vorliegen der Kündigungsgründe darlegungs- und beweispflichtig. Ob ein solcher Grund vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls, und bestimmt sich einerseits nach den gesetzlichen Vorgaben und andererseits nach der umfangreichen Kasuistik der Arbeitsgerichte, insbesondere des Bundesarbeitsgerichts. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt erscheinen lassen (§ 1 Abs. 3 KSchG).

Anhörung des Betriebsrates

Soweit im Betrieb ein Betriebsrat besteht, ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nur nach vorheriger Anhörung des Betriebsrates zulässig und wirksam. Dem Betriebsrat sind die Gründe mitzuteilen, die nach Ansicht des Arbeitgebers die Kündigung rechtfertigen sollen und für den gefassten Entschluss maßgebend sind. Entspricht die Anhörung nicht den gesetzlichen Voraussetzungen, ist die Kündigung unwirksam.

Folgen bei Unwirksamkeit

Stellt das Arbeitsgericht die Unwirksamkeit einer Kündigung fest, bedeutet dies in der Regel, dass der Arbeitgeber zur Zahlung von sog. Annahmeverzugslohn für die Dauer des Gerichtsverfahrens verpflichtet ist. Die Kündigungsschutzklage ist auf die Feststellung gerichtet, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch eine bestimmte Kündigung beendet wurde. Ein Anspruch auf eine Abfindung für den Arbeitnehmer entsteht nur in Ausnahmefällen:

Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen (§ 9 Abs. 1 KSchG).

Vergleichsweise Beendigung

In der überwiegenden Anzahl von Fällen endet das Verfahren vor dem Arbeitsgericht durch einen Vergleich zwischen den Parteien. In der Praxis wird dann häufig vereinbart, dass der Arbeitgeber sich zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet und der Arbeitnehmer im Gegenzug die Wirksamkeit der Kündigung “anerkennt”. Für die Höhe der Abfindung kommt es dann in Anlehnung an die Regelung des § 10 KSchG auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses und das durchschnittlich erzielte Einkommen des Arbeitnehmers an. Als Faustformel werden von den Gerichten i.d.R. 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr angesetzt. Die Verhandlungsposition ist natürlich maßgeblich von den Erfolgsaussichten der Klage, also vom Vorliegen eines Kündigungsgrundes und von der Einhaltung formeller Voraussetzungen geprägt. Bestehen an der Rechtmäßigkeit einer Kündigung erhebliche Zweifel, stärkt dies natürlich die Verhandlungsposition des Arbeitnehmers. Es können in solchen Fällen deutlich höhere Abfindungen verhandelt werden.

Rechtsanwaltskosten

In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands (§ 12 ArbGG). Dies bedeutet, dass beide Parteien im erstinstanzlichen Verfahren die ihnen entstandenen Rechtsanwaltskosten selbst tragen müssen, unabhängig davon, ob der Prozess gewonnen oder verloren wird. Dies gilt auch für die außergerichtlich entstandenen Kosten.

Beratung bei Kündigung

Aufgrund der vielen Besonderheiten und kurzen Fristen in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten ist eine frühzeitige professionelle Beratung dringend anzuraten um vermeidbare Fehler auszuschließen. Eine optimale Prozessführung setzt die genaue Kenntnis der umfangreichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der über zahlreiche Gesetze verstreuten Vorschriften voraus. Bereits kleine Fehler oder Unachtsamkeiten können zum Verlust von Ansprüchen führen, die die Kosten eines Rechtsanwaltes bei weitem übersteigen. Lassen Sie sich daher frühzeitig beraten.

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Dieser Artikel dient zur allgemeinen Information und gibt nur einen groben Überblick über die komplexen Fragestellungen, die sich rund um das Thema Kündigung ergeben. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Informationen wird keinerlei Gewähr übernommen. Eine individuelle rechtliche Beratung und Prüfung Ihres Falls kann durch die Lektüre dieser Seite keinesfalls ersetzt werden!